Schon letztes Jahr hatte ich mich für ein Dirndl-Näh-Wochenende im April 2020 angemeldet. Der Kurs sollte ursprünglich in der Werkstatt einer Schneiderin in München stattfinden – an einem Donnerstag- und Freitagabend sowie am darauffolgenden Samstag und Sonntag. Es kam alles anders, der Nähkurs konnte wegen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Kontaktsperren nicht wie geplant stattfinden.
Wir verabredeten kurzerhand mit der Schneiderin einen Online-Nähkurs über Zoom – auch für sie war das ein Experiment. Der Luxus: online waren wir nur zu dritt – eine weitere Kursteilnehmerin, die Schneiderin und ich.
Der Online-Nähkurs klappt erstaunlich gut! Allerdings dauert es etwas länger als nur das verlängerte Wochenende. Ob das aber am Online-Nähen liegt oder daran, dass wir bei weitem keine Profi-Näherinnen sind, weiß ich nicht.
Das Mieder ist am aufwendigsten: Es besteht aus 6 Schnittteilen, die individuell auf die Körpermaße angepasst und zusammengenäht werden müssen. Vier Nähte – zwei im Vorderteil und zwei im Hinterteil – haben wir mit Paspol versehen. Das Futter besteht aus den gleichen 6 Schnittteilen. Die Seitennähte werden verstürzt und mit viel Spielraum zum späteren Erweitern zusammengenäht. Die Armausschnitte haben wir mit Schrägband und Handstichen („Staffierstich“) verarbeitet. Bei der Findung der richtigen Bundlinie des Mieders musste die Schneiderin Hand anlegen, dafür braucht man Erfahrung und ein gutes Auge.
Für den Rock habe ich zwei Meter Stoff. Er soll über’s Knie gehen und muss noch in Falten gelegt werden. Man hantiert also mit einer großen Menge Stoff. Vorne wird ein Schlitz eingenäht und dann geht es ans Falten legen. In der hinteren Mitte liegt eine sogenannte Kellerfalte – mehrere Falten übereinander, deren Brüche in der Mitte aufeinandertreffen. Man spricht von Faltenabstand, Falteninhalt und Faltentiefe …
Das alles online erklärt zu bekommen und allein zu Hause umzusetzen ist nicht immer ganz einfach. Dafür ist am Ende das Erfolgserlebnis um so größer. Man musste ja ALLES alleine machen und hat keine Schneiderin, die bei großer Verzweiflung mal eben eingreift und hilft.