Oh, jetzt ist es wieder so weit. Wenn es draußen (viel zu) früh dunkel wird, nur noch die standhaften Blätter sich an den Bäumen gehalten haben und dann so ein richtig Nebel-suppiger Herbsttag daher kommt – dann setzt bei mir schlagartig so ein wohliges „Weihnachtsgefühl“ ein. (Das oft Anfang Dezember schon aufgebraucht und auch am 24. Dezember nur schwer wieder hervorzulocken ist.)
Und gleichzeitig mit dieser herbstlichen Weihnachts-Vorfreude taucht die Frage auf: Was für einen Adventkalender bastle ich dieses Jahr? Denn dass ein ordentlicher Adventskalender selbst gebastelt sein sollte, ist für mich quasi eine Frage der Ehre – und der Tradition. Und das fing schon vor knapp 30 Jahren an!
Die Adventskalender-Steinzeit
Damals war quasi noch tiefste Steinzeit, was Adventskalender betrifft. Da gab es Bildchen-Kalender und einfache Schoko-Kalender (mit charakteristischen flachen Figuren wie Blume, Kleeblatt oder Glocke aus recht harter und unschokoladiger Schokolade) – und das war’s. Keine Luxus-Pralinen-Kalender. Keine Playmobil-Kalender. Und schon gar keine Parfüm-, Müsli-, Reis-, Bier-, Erotik- oder Hunde(!)-Adventskalender. Und ganz sicher keinen Yves Saint Laurent-Adventskalender für 236,- Euro oder einen von Acqua die Parma für 408,- Euro. Überhaupt waren Adventskalender noch eher was für Kinder.
Es begann mit einer Enttäuschung
Damals fassten meine beste Freundin Chris und ich einen wichtigen Entschluss. Beide hatten wir mit viel Enthusiasmus und in nächtelanger Bastelarbeit unserem jeweiligen Freund einen wunderschönen Adventskalender kreiert, den wir mit viel Stolz und voller Liebe überreichten. Und dafür ebensolche Begeisterung und fast unerträgliche Vorfreude auf das tägliche Öffnen eines Päckchen bei dem Beschenkten erwarteten. Nun ja – es war eher enttäuschend. Auf die Frage hin: „Was war denn heute in deinem Adventskalender?“ kam oft ein „oh, den hab’ ich noch gar nicht aufgemacht.“ – Am Nachmittag! Chris und ich hingegen hatten unseren obligatorischen Hartschokoladen-Kalender immer schon pünktlich morgens geöffnet – „ui, ein Frosch, wie toll!“
Beim Austausch über diese Ungleichverteilung von Adventskalender-Begeisterung und Adventskalender-Besitz beschlossen wir: Wir machen keinen Kalender mehr für unseren Partner. Ab sofort basteln wir uns stattdessen gegenseitig einen Adventskalender. Dann können wir unsere Bastel-Euphorie austoben UND bekommen selbst einen einzigartigen Adventskalender – tägliche Vorfreude inklusive.
Alle Jahre wieder …
Was für ein weiser Plan! Er war der Beginn einer wunderbaren Tradition – und unzähliger lustiger, schöner, stylischer, sonderbarer – immer großartiger Adventskalender. Ich erinnere mich an Luftballon-, Adventskranz-, Kleiderbügel-, Babybreigläschen-, Wäscheständer-Adventskalender. Die täglichen Gaben verpackt in Tütchen, Zeitungspapier, Packpapier, mit Washi-Tape umwickelt, Magazinseiten, Schachteln aller Art oder Plexiglas-Kugeln.
Ein paar Impressionen:
Die besondere Adentskalender-Überraschung
Und unsere liebste Anekdote aus unserer Studienzeit: Ich plante in diesem Jahr einen ganz besonderen – wenn auch etwas aufwändigen – Adventskalender für meine Freundin: einen Christbaum im Topf, mit 24 Päckchen bestückt. Ich hatte das arme Bäumchen mühsam in meinen Polo gezwängt und von meinem damaligen Studienort nach München transportiert. Schnaufend die Treppe zu Chris’ Wohnung hinaufgeschleppt, verrutschte Päckchen nochmal zurechtgerückt. Und was wartete dort hinter der Tür auf mich? Ein wunderschöner Tannenbaum im Topf, geschmückt als Adventskalender. Ein Zwilling quasi.
29 Jahre Adventskalender-Tradition
Bis heute führen wir die Tradition fort und können uns daher wohl als echte Adventskalender-Profis bezeichnen. Chris ist auch tatsächlich standhaft geblieben und hat jedes Jahr genau einen Adventskalender gebastelt – für mich. Was für eine Ehre! Ihre Kinder mussten sich mit Bildchen-Kalendern begnügen, bis die Tante der Kinder schließlich ein Erbarmen hatte und die Adventskalender-Versorgung übernahm. Und Chris’ Mann hat meines Wissens nie einen Adventskalender von seiner Frau bekommen – und Schuld sind nur seine undankbaren „Vorgänger“ …
Ich mache mittlerweile auch für meine zwei Kinder jedes Jahr einen Adventskalender selbst. Das ist irgendwie der Haken daran, wenn man sich selbst für kreativ und „selbstgemacht“ für besonders wertvoll hält – es kann etwas anstrengend werden. Aber dafür kann ich ja auf ein umfangreiches Sortiment an wiederverwendbaren Tütchen, Boxen und Ideen zurückgreifen.
Auch was die Befüllung der Päckchen anbelangt, habe ich mittlerweile schon einen Scanner-Blick entwickelt. Je nach Idee ist man da ja von der Größe her recht eingeschränkt.
Ich selbst freue mich jedes Jahr schon riesig auf meinen Adventskalender und bin unendlich gespannt, wie er wohl diesmal aussieht. Hurra, bald ist es wieder soweit.
Auf die nächsten 29 Jahre Adventskalender!